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06.09.2017 Kategorie: Gemeinde

Hoch soll er leben

Geistliches Vorwort zum aktuellen Gemeindebrief - Ausgabe 4/2017

"Hoch soll er leben, hoch soll er leben, dreimal hoch."

Wenn wir jemanden an seinem Geburtstag hochleben lassen, tun wir das um ihn zu ehren. Wer aber sitzt auf dem hohen Stuhl wenn wir dieses Jahr das Reformationsjubiläum feiern? Der Reformationstag, der sich am 31. Oktober zum 500. mal jährt, erinnert an die 95 Thesen Martin Luthers. Ob Luther seine Thesen zum Ablasshandel wirklich an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen hat, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit feststellen. Dennoch ist es dieses Datum, das den Anfang der reformatorischen Kritik an den kirchlichen Missständen markiert. Da liegt es nahe den Urheber jener Thesen zu feiern. In den vergangenen Tagen konnte man den Eindruck gewinnen, in diesem Jahr dreht sich tatsächlich alles nur um Martin Luther: Luther als Quietscheentchen, Luther als Playmobilfigur, Luther als großes Pop-Oratorium, bald auch als Kinderbibelwoche in Räbke und Musical in Lelm und schließlich als Höhepunkt und zugleich Abschluss des Jubiläums das "Lutt(h)er-Spektakel", das die Propstei am Reformationstag am Kaiserdom veranstaltet. Nicht, dass wir uns missverstehen: Meine Tochter spielt gerne mit dem Playmobilreformator, mir gefiel das Pop-Oratorium sehr gut und ich freue mich auf die bevorstehenden Veranstaltungen. Aber wir feiern hier keinen Geburtstag oder Ehrentag einer Person. Die Reformation war eine Bewegung. Johannes Calvin wurde neben Luther zu einer Hauptgestalt der Reformation. Daneben formierten sich radikalere Bewegungen, in deren Tradition einige der heutigen Freikirchen stehen. Landesfürsten und Stadträte, aber auch einfache Bürger und Bauern haben die Reformation gefördert. Netzwerke von Einzelnen und Gruppen, Männern und Frauen, machten den reformatorischen Aufbruch möglich, prägten ihn weit über Wittenberg hinaus und sicherten das Überleben der reformatorischen Bewegung. Die Reformation entwickelte sich in ihrer Vielgestaltigkeit zu einem europäischen Ereignis. Das Reformationsjubiläum ist deshalb mehr als ein Lutherjubiläum. Darüber hinaus finden sich in Luthers Biographie eben auch jene späten Auswüchse, die ein "Hochleben-lassen" seiner Person verbieten. An keinem anderen Punkt wird dies so deutlich wie im Blick auf Luthers feindselige Haltung gegenüber den Juden. Polarisierungen der Reformationszeit und ihre weitreichenden Wirkungen auch gegenüber der katholischen Kirche sollten gerade zum Jubiläum nicht unter den Tisch gekehrt werden, sondern als Mahnung zu einem versöhnlichen Dialog verstanden werden.Vor allem aber hätte Luther selbst wohl nicht gewollt, dass man seine Person feiert. Denn zum einen war es ihm ein Anliegen sämtlichen Personenkult vom Glauben fernzuhalten - es bedarf keinerlei weiterer Mittler zwischen Gott und Mensch als Jesus Christus allein - und zum anderen verstand er sein Werk nicht als eigenen Verdienst, sondern höchstens als Hinweis auf die Majestät Gottes, dem allein Ehre und Anbetung gebührt. So feiert die Evangelische Kirche in diesem Jahr also bewusst kein Lutherfest, sondern ein Christusfest und dies gemeinsam mit anderen christlichen Konfessionen und im Dialog mit anderen Religionen. Und so ziehrt unseren Gemeindebrief auch im Oktober 2017 kein Luther-Konferfei, sondern Gottes Wort. Denn Jesus Christus spricht: "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun." In diesem Sinne wünsche ich ein gesegnetes Reformationsjubiläum! Ihr Pfarrer Tobias Crins

Selbst die Lutherrose rückt Christus ins Zentrum

Beitrag von Pfarrer Tobias Crins